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29.04.2024 / Profis

Wenn der Tag dann gekommen ist

„Wenn man weiß, dass dieser Tag kommen wird, kann man sich einigermaßen darauf vorbereiten“, sagte Torsten Lieberknecht vor laufenden TV-Kameras. Zu diesem Zeitpunkt am späten Sonntagabend herrschte bereits Gewissheit im Merck-Stadion am Böllenfalltor, das gespickt war mit niedergeschlagenen Menschen, hängenden Köpfen und traurigen Gesichtern. Die 0:1-Niederlage gegen den 1. FC Heidenheim besiegelte den Abstieg des SV Darmstadt 98 aus der 1. Fußball-Bundesliga. „Wenn dieser Tag dann aber kommt, ist alles dahin, was man sich vorher überlegt hat“, so der Lilien-Cheftrainer weiter: „Weil es einfach ein Scheißmoment ist.“

Foto: SV 98

Die Bilder nach Abpfiff des 31. Spieltags hätten dabei nicht konträrer sein können. Auf der einen Seite feierten die Heidenheimer einen Auswärtssieg, der sie mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit die Klasse halten lässt. Auf der anderen Seite dagegen waltete die Klarheit darüber, dass die Lilien in der kommenden Saison wieder in der Zweitklassigkeit antreten werden. „Wir sind heute endgültig abgestiegen. Und das tut brutal weh“, gab Tobias Kempe einen kurzen Einblick in die Gefühlswelt, die sich bei allen Darmstädtern gleich gestaltete. „Es ist ein absolutes Scheißgefühl“, nahm Marcel Schuhen ebenfalls kein Blatt vor den Mund und Fabian Nürnberger musste konsterniert am DAZN-Mikrofon feststellen: „Im Moment ist es ziemlich leer in mir drin.“

Ein Sinnbild der Saison

Die 90 Minuten davor sind derweil schnell zusammengefasst: Ein ausgeglichenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten. Dazu zwei starke Torhüter, die ihre Mannschaften das ein oder andere Mal vor einem Rückstand bewahrten. Und dann doch kurz vor Schluss wieder so ein kurioses Gegentor. Es folgte eine Hereingabe, die auf skurrile Weise nicht geklärt werden konnte, sondern stattdessen direkt auf dem Fuß des Torschützen landete. „Wie dieses Spiel verlaufen und wie auch der Gegentreffer gefallen ist, ist sinnbildlich für unsere Saison“, bilanzierte Schuhen.

Der SV Darmstadt 98 erlebte einfach zu viele solcher Spiele in dieser Bundesliga-Saison 2023/24 – eigentlich doch ganz gut mitgehalten und sich ordentlich präsentiert, daraus aber punktemäßig zu wenig Ertrag gezogen und gerade defensiv in den entscheidenden Situationen nicht aufmerksam sowie konsequent genug verteidigt. „Wir haben natürlich deutlich zu wenig Punkte, wir haben zu viele individuelle Fehler gemacht und wir hatten vielleicht auch oftmals nicht das richtige Gefühl dafür, wie es in der Bundesliga läuft“, so die erste Analyse des Torhüters des SV 98. Mit nur 17 Zählern auf dem Punktekonto haben die Lilien bereits drei Spieltage vor Ende der Saison keine Chance mehr auf ein weiteres Jahr in der Bundesliga.

Ein schleichender Abstieg

Dass der Klassenverbleib dabei kaum noch machbar war, darauf konnten sich alle Darmstädter spätestens nach der deutlichen 0:4-Niederlage gegen den Mitkonkurrenten aus Mainz einstellen. Dieser Klassenerhalt allerdings wäre vor der Saison ohnehin ein großes Fußballwunder gewesen. „Im Endeffekt ist nichts passiert, was nicht vorhersehbar war“, sagte daher auch Vereinspräsident Rüdiger Fritsch in der Mixed-Zone des Merck-Stadions am Böllenfalltor und ergänzte: „Das Problem ist das Wie.“

Schließlich war es bis zum Mainz-Spiel durchaus realistisch und im Rahmen des Möglichen, die Klasse zu halten. Die spezielle Konstellation dieser Bundesliga-Spielzeit hatte es zudem erlaubt, auch mit verhältnismäßig wenigen Punkten lange ein Wörtchen im Abstiegskampf mitzureden. Doch gerade in den teils sehr engen Partien gegen die direkte Konkurrenz (das 2:0 in Köln ausgenommen) gelang es den Lilien nicht, die nötigen Punkte auf ihre Seite zu ziehen. Eine Sieglosserie von 22 Spielen in Folge sowie der Ligahöchstwert von insgesamt 73 Gegentreffern taten dabei ihr übriges. Zudem schaffte es der SV 98 die gesamte Saison über nicht, Konstanz reinzubringen, geschweige denn in einen Flow zu kommen – weder auswärts noch zuhause. Nur magere sechs Heimpunkte sind mit Abstand die geringste Ausbeute des Wettbewerbs. „Das werden wir mit allen Beteiligten aufarbeiten“, verdeutlichte Fritsch, der gleichzeitig aber auch klarstellte: „Hier wird nichts untergehen. Hier bricht auch nichts zusammen.“

Von Zusammenhalt und Gemeinsamkeit

Untermauert wurden die beiden letzten Sätze des Darmstädter Präsidenten zuvor durch die Szenen nach Abpfiff. Wenn eine Mannschaft absteigt, habe man in anderen Stadien schon ganz andere Szenarien gesehen, erklärte Lieberknecht. So aber nicht am Standort Böllenfalltor. Dort an der Nieder-Ramstädter-Straße in Darmstadt, wo der Zusammenhalt der gesamten Lilien-Familie fest in der DNA einer jeden Darmstädter Seele verankert ist – und auch gelebt wird. „Hier im Stadion hat man eine Gemeinsamkeit zwischen allen Lilien gespürt“, betonte der Cheftrainer und ergänzte: „Von Seiten der Fans war es ein ganz großes Zeichen, in dieser schweren Niederlage Gemeinsamkeit zu zeigen.“

Etwas, was vor allem auch die Spieler sehr zu schätzen wussten. Ihre tiefe Dankbarkeit dafür war dabei nicht nur bei den Protagonisten, die später vor die Mikrofone und Kameras traten, spürbar. Die Mannschaft stand zuvor minutenlang vor der Kurve, machte sich dann auf eine Runde durchs gesamte Stadion – von den Rängen stets mit aufmunternden Worten und Gesängen bedacht. Marcel Schuhen dazu:

Die Fans sind sensationell. Das Feingefühl ist wirklich etwas Besonderes und ich glaube nicht, dass es viele Vereine gibt, wo wir Spieler auf einer Runde nach dem feststehenden Abstieg noch mit so vielen Fans abklatschen können. Wenn jemand die Bundesliga verdient hätte, dann diese Leute da draußen.

Marcel Schuhen, Torhüter des SV Darmstadt 98

Es sind diese Menschen, diese besonderen Fans, für die der SV 98 in der Pflicht steht, auch in den verbleibenden drei Bundesliga-Partien noch einmal alles zu investieren, um sich weiter mit Würde und Anstand aus dem deutschen Fußball-Oberhaus zu verabschieden. Erst in Wolfsburg, dann zuhause gegen Hoffenheim und zum Saisonabschluss in Dortmund. Dort gilt es, einmal mehr zu zeigen, dass die Lilien-Familie zusammenhält – in Liga eins sowie in der kommenden Saison dann in Liga zwei.

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