Um das Verfahren zu beenden, sind nach jetzigem Stand noch zwei Voraussetzungen zu erfüllen. Zum einen muss eine Einigung mit einer Teilgruppe der ehemals Handelnden, für die es mittlerweile positive Signale gibt, herbeigeführt werden. Zum anderen muss der Deutsche-Fußball-Bund (DFB) dem SV Darmstadt 98 die Lizenz für die Regionalliga-Saison 2009/10 erteilen. Auch in diesem Punkt haben die Lilien bereits ihre Hausaufgaben gemacht und können dem DFB bis zum Stichtag am 1. April einen ausgeglichenen Etatansatz für die kommende Spielzeit präsentieren. Im Interview nimmt Hans Kessler ausführlich Stellung zu den einzelnen Punkten.
SV 98: Herr Kessler, die Fans und Sponsoren des SV Darmstadt 98 warten mit Spannung auf neue Nachrichten über die wirtschaftliche Situation des Vereins. Wie ist die Lage am Böllenfalltor?
Hans Kessler: Das gesamte Team des SV98 hat in den letzten Wochen mit Hochdruck daran gearbeitet, die weiteren Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Gesundung des SV Darmstadt 98 zu schaffen. Wie bereits auf der Mitgliederversammlung im letzten Jahr verkündet, hatten wir noch Gelder in Höhe von rund 900.000 Euro über ein Dreisäulenkonzept (Immobilien, Sponsoren + Moratorium, ehemals Handelnde) zu generieren. Dies ist uns bis zum heutigen Tage auch weitestgehend gelungen.
SV 98: Was heißt dies konkret?
Hans Kessler: Für die Vereinsimmobilie liegen uns drei Angebote vor. In den nächsten Tagen wird ein entsprechender Vertrag unterzeichnet werden. Zudem sind die Gespräche mit unseren Gläubigern sowie bisherigen und neuen Werbepartnern größtenteils sehr erfreulich gelaufen, so dass wir hier signifikante Ergebnisse erzeugen konnten. Und natürlich hat auch das Rekordspiel dank unserer Fans einen wichtigen Beitrag geleistet.
SV 98: Was ist mit dem Bereich ehemals Handelnde?
Hans Kessler: Das ist nun der letzte entscheidende Punkt. Da wir mit der gesamten Gruppe leider keine Einigung erzielen konnten, führen wir jetzt einzelne Verhandlungen. Dabei konnte wir mit der Gruppe um Karl-Heinz Wandrey, Christina Haerle-Petit und Dogan Gülsen ein sehr erfreuliches Gesamtergebnis von 130 000 Euro erzielen. Zusammen mit den beiden anderen genannten Säulen stehen wir damit nun kurz vor dem Zielstrich. Wir werden die letzten Meter aber nur gehen können, wenn auch der Rest der Gruppe seinen angemessenen Beitrag leistet. Dies ist nun die letzte entscheidende Schraube, die wir noch festziehen müssen. Hier haben wir in dieser Woche aber auch endlich positive Signale bekommen.
SV 98: Kann in diesem Fall der Insolvenzantrag zurückgezogen werden?
Hans Kessler: Ja, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Wirtschaftsprüfer uns ein positives Testat zu unseren Berechnungen ausstellt und die Mitgliederversammlung unseren Plänen zustimmt. Zudem muss uns der DFB die Lizenz für die Saison 2009/10 erteilen, da diverse in das Rücknahmeszenario eingearbeitete Erlösquellen von der Regionalligazugehörigkeit des Vereins abhängig sind.
SV 98: Wie sieht es denn im Bereich Lizenzierung derzeit aus?
Hans Kessler: Die Unterlagen zur technischen Lizenzierung haben wir bereits komplett in den letzten Tagen beim DFB abgegeben -übrigens als erster Regionalligist in Deutschland. Die Frist zur wirtschaftlichen Lizenzierung läuft bis zum 1. April. Wir können schon jetzt sagen, dass wir einen ausgeglichen Etat beim DFB in Frankfurt werden abgeben können.
SV 98: Was heißt dies mit Blick auf die kommende Saison?
Hans Kessler: Wir sind sehr stolz, dass es uns unter diesen nicht ganz einfachen Bedingungen gelungen ist, auch für die Saison 2009/10 einen seriösen Finanzierungsplan aufzustellen. Wir sehen uns in der Regionalliga in der nächsten Spielzeit gut aufgestellt, auch wenn der neue Etat im Vergleich zur aktuellen Saison um zehn bis fünfzehn Prozent nach unten korrigiert werden muss. Dies wird im aktuellen schwierigen Wirtschaftsumfeld aber sicherlich auch andere Clubs in der Liga in mindestens gleichem Maße treffen. Zudem können wir -dies hat nicht zuletzt das Rekordspiel gegen den SSV Ulm gezeigt -auf ein in der Regionalliga fast einmaliges Fanpotenzial bauen.
SV 98: In welchen Bereichen muss eingespart werden?
Hans Kessler: Dies betrifft alle Bereiche und Abteilungen gleichermaßen. Jeder muss einen kleinen Beitrag leisten. Ich bin mir aber sehr sicher, dass wir dies ohne merkliche Einschnitte in der Qualität umsetzen können.
SV 98: Wie hoch ist denn der Etat konkret in der kommenden Saison?
Hans Kessler: Dazu wollen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage treffen, zumal wir nicht plötzlich aufhören werden, an der Einnahmenseite des Vereins zu arbeiten. Wir verhandeln täglich weiter mit unseren bisherigen und auch neuen Sponsoren. Und jeder Euro an zusätzlichen Einnahmen hilft uns, den SV Darmstadt 98 auch sportlich wieder Schritt für Schritt nach vorne zubringen. Zudem muss die Mannschaft auch noch sportlich die Klasse halten, wovon ich aber überzeugt bin.
SV 98: Wo wollen Sie mit dem SV 98 mittelfristig hin?
Hans Kessler: Erst einmal müssen wir den kurzfristigen Weg erfolgreich zu Ende gehen. Dies setzt voraus, wie schon betont, dass der restliche Teil der ehemals Handelnden nun noch seinen Beitrag leistet. Sonst kann das Kartenhaus leider noch zusammenbrechen, was ich aber nicht glauben mag. Mittelfristig wollen wir frei von Existenzängsten die Lilien wieder sportlich Schritt für Schritt nach oben führen. Wir hoffen, dass auch unsere Werbepartner die seriöse Finanzpolitik weiterhin honorieren und mit uns die Grundlage für erfolgreichen Fußball am Böllenfalltor schaffen.